Amalie Schaich geb. Reinhardt

geboren am 18. Januar 1929 in Ravensburg in einer deutschen Sinti-Familie, von der „Rassenforscherin“ Eva Justin vom „Rassenhygiene-Institut“ Berlin als Untersuchungsobjekte für deren Doktorarbeit missbraucht, nach deren Abschluss in das „Zigeunerlager“ Auschwitz-Birkenau gebracht, als „arbeitsfähig“ selektiert und nach Ravensbrück geschickt, in Bergen-Belsen befreit.

Amalie Schaich engagiert sich nach dem Krieg aktiv in der Sinti- und Roma-Bürgerrechtsbewegung.

Amalie Schaich, Fotorechte: Bundesarchiv
Amalie Schaich, Fotorechte: Bundesarchiv

Amalie Schaich wurde am 18. Januar 1929 in Ravensburg in einer deutschen Sinti-Familie geboren.

Am 10. Juni 1938 wurden die Kinder der Familie in verschiedene Heime gesteckt, der Vater nach Dachau deportiert, die Mutter nach Ravensbrück.

Im September 1939 wurde Amalie zusammen mit anderen Sinti-Kindern in das Kinderheim St. Josefspflege, Mulfingen gebracht, wo sie von der „Rassenforscherin“ Eva Justin vom „Rassenhygiene-Institut“ Berlin als Untersuchungsobjekte für deren Doktorarbeit missbraucht wurden. Wir wurden „behandelt, als wenn wir nicht ganz normal wären. Dass wir Sinti-Kinder genauso intelligent sind, das passte nicht in ihre Köpfe.“

Nach Abschluss dieser Untersuchungen, am 9. Mai 1944, wurden Amalie und die anderen Kinder in das „Zigeunerlager“ Auschwitz-Birkenau gebracht. „Als ich im Zigeunerlager die abgemagerten Menschen gesehen habe, habe ich allmählich begriffen, an welch einen schrecklichen Ort wir gekommen waren“. Von einem gleichaltrigen Sinto-Jungen wurde sie eines Nachts geweckt und konnte durch einen Türspalt erkennen, „wie kleine Kinder von SS-Männern auf brennende Scheiterhaufen geworfen wurden. Es war entsetzlich. Die Kinder schrien, und einige versuchten, wieder aus den Flammen herauszukriechen. Da haben sie dann noch Hunde auf die Kinder gehetzt, die sie zerfleischten. Ich weiß nicht, wie viele Kinder in dieser Nacht verbrannt wurden…. Das sind Erinnerungen, die einen ein Leben lang verfolgen….“

Am 2. August wurde sie als „arbeitsfähig“ selektiert und nach Ravensbrück geschickt. Die zurückbleibenden Roma und Sinti, auch ihre beiden Geschwister, wurden in der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 vergast.

In Ravensbrück traf sie ihre Mutter wieder. Auch hier wird sie Augenzeugin von Verbrechen: der furchtbaren Sterilisationsexperimente von SS-Ärzten an Sinti-Mädchen.

Im Winter 1944/45 deportiert man sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Mauthausen und von dort nach Bergen-Belsen. Völlig entkräftet starb dort ihre Mutter. Sie selbst erkrankte schwer an Tuberkulose.

In Bergen-Belsen erlebte sie ihre Befreiung.

Amalie Schaich engagiert sich nach dem Krieg aktiv in der Sinti- und Roma-Bürgerrechtsbewegung.

*(Quelle: Romani Rose (Hrsg.), Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma; S. 155; 171-177 Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma,1995, ISBN 3-929446-01-4