geborene Anna Lasser 4. Juni 1913 – 2. Dezember 1943
ermordet in Ravensbrück
Kindheit und Jugend Anna Lasser kam am 4. Juni 1913 in Klosterneuburg, Niederösterreich, zur Welt. Sie wuchs mit sechs Geschwistern auf, das Leben war sehr karg. Mit 19 Jahren bekam Anna ihr erstes Kind Leopold, zwei Jahre später kam Tochter Stefanie zur Welt. Vom Vater der Kinder verlassen, heiratete sie 1935 Karl Burger, mit dem sie drei weitere Kinder hatte. Bereits wenige Monate nach der Hochzeit hatte Anna testamentarisch verfügt, dass im Falle ihres Ablebens sich ihre Eltern um die beiden unehelichen Kinder kümmern mögen. Das Ehepaar wohnte zeitweise bei Verwandten, zeitweise in einer eigenen Wohnung, schließlich voneinander getrennt. Anna Burger versuchte, als Hilfsarbeiterin sowie durch Betteln und Stehlen für sich und die Kinder Leopold und Stefanie ein Auskommen zu finden. Die Kinder kamen in verschiedenen Heimen und bei Pflegeeltern unter. 1939 reichte Anna Burger die Scheidungsklage ein, da ihr Mann keinen Unterhalt zahlte und mit einer anderen Frau zusammenlebte. Nach der Geburt des jüngsten Kindes Adolf zog Anna Burger die Klage gegen ihren Mann zurück.
Verhaftung, Zwangsarbeit und Ermordung im Jänner 1940 wurden in einer aufeinander abgestimmten Aktion die Mutter von der Polizei verhaftet und die Kinder von der Fürsorge geholt. Vieles deutet darauf hin, dass ihr Mann treibende Kraft hinter der Verhaftung war.i 14 Tage später reichte Karl Burger die Scheidungsklage ein. Anna Burger wurde wegen Diebstahls zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt – sie hatte wiederholt Milchflaschen und Decken gestohlen, um ihre Kinder versorgen zu können. Noch vor der Urteilsverkündung im Prozess wegen Diebstahls wollte die örtliche NSDAP Anna Burger in ein KZ einweisen. Die Begründung für das Vorhaben lautete: „Anders wird man ihren liederlichen Lebenswandel nicht steuern können.“ Nach einem Jahr Haft in Wien, München-Stadelheim und Traunstein wurde sie, statt entlassen zu werden, am 6. Mai 1941 über Wien ins KZ Ravensbrück überstellt. Der Scheidungsprozess wurde während ihrer KZ-Haft fortgesetzt, für eine Vernehmung wurde Anna ins Amtsgericht Lychen gebracht. Am 20. August 1942 wurde die Ehe geschieden, laut Urteil, bei dem beide Parteien Schuldig gesprochen wurden traf die beklagte Partei jedoch die Mehrschuld an der Zerrüttung der Ehe aufgrund der Diebstähle. In Ravensbrück war Anna Burger zu Beginn auf Block 13b, danach auf Block 22 und später wieder auf Block 13b untergebracht. In der Neuen Nähstube war sie zur Zwangsarbeit als Zuschneiderin eingesetzt. Auf einem von der SS angefertigten Propagandafoto sieht man sie im Vordergrund mit einer schweren Zuschneidemaschine arbeiten. Das Bild lässt vermuten, dass sie zum Zeitpunkt der Aufnahme schwanger war. In Briefen an ihre Eltern hatte Anna Burger aus Ravensbrück geschrieben, dass sie von den „hohen Herren“ immer geholt worden sei und diese „sehr nett“ zu ihr gewesen seien. Einen anderen Hinweis für sexuellen Missbrauch lieferte eine ehemalige Mitgefangene, die Anna Burgers Tochter Leopoldine Jahrzehnte später auf ihre optische Ähnlichkeit mit ihrer Mutter ansprach. Diese bestätigte, dass ihre Mutter von der SS zu deren Festen für sexuelle Handlungen geholt worden sei. Nach ihren Aussagen wurde Anna Burger jedoch nicht geschwängert, sondern geschlechtskrank, „sie is dann krank geworden, dann hamms’ es also weggeworfen.“ Toni Bruha,iii die Anna Burger auf dem Foto in der Zuschneiderei wiedererkannte – Bruha selbst war zu jener Zeit für den Transport der Stoffballen zuständig – bestätigte, dass Anna keines natürlichen Todes starb: am 2. Dezember 1943 wurde sie durch eine Giftinjektion getötet, Anna war 30 Jahre alt.
i Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. ii NSDAP Ortsgruppe Klosterneuburg-Nord an das Landgericht Wien, 2. Mai 1940, Quelle: WStLA, 4 Cg 40/40. iii Brief von Karl Burger an seinen Rechtsanwalt Dr. Jedlicka, am 18. Juni 1940: er nehme sich das Leben, wenn der Prozess nicht mit einseitigem Verschulden ende. iv Toni Bruha (1.3.1915–27.12.2006), österreichische Widerstandskämpferin, war von Oktober 1942 bis Kriegsende in Ravensbrück inhaftiert. Ihre spätere Funktion als Revierläuferin nützte sie für Solidaritätsaktionen innerhalb des illegalen internationalen Lagerkomitees.