geb. 25. März 1904 in Smarhon (bei Vilnius),
gemeinsam mit ihrer 4- jährigen Tochter Stella nach Ravensbrück deportiert
Ravensbrück: 13. Dezember 1943 - im Juli 1944 in Ravensbrück gestorben
„Ich erinnere mich, dass ich einmal mit meiner Mutter zu meinem Vater auf Arbeit die Schlüssel holen ging. Uns war die Tür zugefallen. Wir liefen durch eine wunderschöne Landschaft (grünes Gras, blühende Sträucher, hellblauer Himmel). Ich fragte meine Mutter plötzlich: Mami, wo bin ich hergekommen? Sie antwortete: Ich habe dich unter einem Rosenstrauch gefunden. Um uns herum war so viel Schönheit, dass ich ihr das glaubte (das war in Belgien, in Antwerpen).“ Wir wurden sicher als Personen nicht arischer Herkunft interniert (den genauen Grund kenne ich nicht). Zuerst hielt man uns im Gestapogefängnis gefangen, danach im Konzentrationslager Mecheln in Belgien. Dann wurden wir getrennt: Alle Männer und Jugendlichen wurden nach Buchenwald geschickt, Frauen und Kinder nach Ravensbrück. Ich sah meine Mutter im Lager nur einmal, dank der Belgierin Claire van den Boom. Meine Mutter kehrte aus Ravensbrück nicht zurück, sie wurde in den Öfen des Krematoriums des KZ verbrannt. Sie haben ihr alles genommen, sie hat nicht einmal ein Grab. Dafür hat mein Vater überlebt, ich habe ihn in Brasilien in Sao Paulo gefunden. Von ihm erfuhr ich das Wenige aus der frühen Kindheit, an das ich mich selbst nicht erinnere, waren doch 20 Jahre vergangen. Was Ravensbrück für meine Mutter bedeutet hätte, kann ich nicht sagen. Aber in mein Leben hat Ravensbrück wie die schrecklichste Waffe eingegriffen, die mir alles genommen hat, was mir an Wertvollem nahestand und was ich am meisten geliebt habe. Ich wurde nämlich mit nicht ganz fünf Jahren Waise. Solange ich mich erinnern kann, lebte ich immer in der Hoffnung, meinen Vater zu finden. Und wären nicht die Frauen aus Ravensbrück gewesen, hätte ich ihn niemals gefunden. Und ich hätte auch nie verstanden, was aufopfernde Liebe von Menschen ist, die die Hölle überlebt haben. Und für uns war gerade Ravensbrück das, was diejenigen verband, näherbrachte und zu Freunden machte, die überlebt hatten. Diese Liebe ist der höchste Wert auf der Welt, der bis zum Schluss existiert, bis zur letzten Stunde des Lebens. Stella Nikiforova (Kugelman), Russland