Lidia Rolfi

18.04.1925 – 17.01.1996, Mondovi

Lehrerin, Autorin

Ravensbrück: 27.06.1944 – 26.04.1945

Lidia Rolfi (1949)
Lidia Rolfi (1949)

Lidia Rolfi wurde am 8. April 1925 in einer Bauernfamilie als letzte von 5 Geschwistern geboren. Nachdem sie ihr Lehrerstudium beendet hatte, begann sie sofort zu unterrichten; zu Beginn in einer Grundschule in Torrette, einem Ortsteil der Gemeinde von Casteldelfino in Val Varaita (Region Cuneo im Piemont) und danach in San Maurizio di Frassino in der gleichen Region.

Hier kam sie bald in Kontakt mit den ersten Partisanenformationen (11. Division Garibaldi, 15. Brigade „Saluzzo“) und wurde schon im Dezember 1943 Verbindungspartisanin, ihr Kampfname war „Rossana“.

Am 13. April 1944 wurde sie von den Milizionären der GNR verhaftet und nach Sampeyre in das berüchtigte „Hotel zum Engel“ gebracht. Hier wurde sie eine ganze Nacht verhört und gefoltert. Am folgenden Tag wurde sie der Gestapo in Cuneo übergeben, die sie zuerst in Saluzzo und dann im „Nuove“ in Turin einsperrte. Im Gefängnis in Turin war sie zusammen mit Anna Segre Levi in einer Zelle, der Großmutter ihres Kameraden der Partisanenbrigade, Isacco Levi.

Am 27. Juni wurde sie zusammen mit weiteren 13 Kameradinnen in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Diese 14 Frauen waren der erste Transport von italienischen Gefangenen nach Deutschland, der ohne rassische Hintergründe erfolgte.

Sie blieb bis zum 26. April 1945 im Konzentrationslager, wo sie zur Zwangsarbeit in der benachbarten Fabrik von Siemens eingeteilt war. Sie wurde in den ersten Tagen des Mai 1945 von der Roten Armee auf einem Evakuierungsmarsch, den die SS befohlen hatte, befreit.

Von den Alliierten wurde sie in ein Sammellager in Lübeck geschickt, wo sie 4 Monate blieb und auf die Repatriierung wartete.

Anfang September 1945 war sie endlich in Italien zurück. Sie begann wieder zu unterrichten und arbeitete gleichzeitig mit dem Institut der Geschichte des Widerstandes in Cuneo und der Vereinigung der ehemaligen Deportierten zusammen. In den folgenden Jahren beschäftigte sie sich damit, die Erfahrungen von Überlebenden der Konzentrationslager – speziell derer von Frauen – bekannt zu machen, indem sie ihre Erlebnisse in Schulen und vielen öffentlichen Begegnungsstätten erzählte.

Sie wurde für Italien Mitglied im Internationalen Ravensbrück Komitee.

Im Jahr 1978 kam beim Verlag Enaudi das Buch „Die Frauen von Ravensbrück“ heraus, das sie zusammen mit Annamaria Bruzzone geschrieben hatte. Es war das erste Buch in Italienisch über die Deportation von Frauen in Konzentrationslager des faschistischen Deutschland.

1996 wurde ihr 2. Buch, „Der dünne Faden der Erinnerung“ (Verlag Enaudi) (deutscher Titel: “Zurückkehren als Fremde - Von Ravensbrück nach Italien 1945 - 1948“) veröffentlicht, eine autobiografische Erzählung über ihre Rückkehr nach den Erfahrungen im Lager und die schwierige Wiedereingliederung in das normale Leben.

1997 kam posthum – herausgegeben von Bruno Meida auf Grundlage von umfangreichen Notizen des Sohnes Aldo – das Buch „Die zerbrochene Zukunft – Nazis gegen die Kinder“ (Verlag Giuntina) heraus, ein Essay über eine in der Nazidiktatur verbachte Kindheit. Daran hatte Lidia Beccaria Rolfi fast 20 Jahre gearbeitet. Ihr großer Freund, Primo Levi, hatte es mit einem Vorwort gewürdigt.

Im Jahr 2008 schrieb Bruno Maida ihre Biographie in dem Buch „Man ist niemals eine ehemalige Deportierte“ (Verlag Utet).

Ihre Zeugnisse, ihre Schriften und ihre Interviews gegen jede Form von Negierung und Revisionismus haben sie als „große Störerin“ und als „wachsames Herz“ definiert. Der Höhepunkt war dabei ein Aufeinandertreffen im Fernsehen mit einem der prinzipiellen Vertreter solcher Thesen, Robert Faurisson. Dieser hatte während der Übertragung gefordert, dass er verdeckt hinter einem Vorhang sprechen kann, um nicht von den Zuschauern gesehen zu werden.

In den Gemeinden von Cuneo, Mondovi und Genola wurden Schulen, in Mondovi eine Straße und in Fossano ein öffentlicher Park nach Lidia Rolfi benannt.