Yvonne Useldinger geb. Hostert

7.06.11.1921 (Steinford) – 11.02.2009 (Esch-sur-Alzette)

Ravensbrück: 30. Juni 1943 - 24. April 1945

Mitbegründerin des Luxemburger Ravensbrückkomitees; Mitglied des ZK der KPL, Generalsekretärin der „Union des Femmes Luxembourgeoises“

Yvonne Useldinger, Luxemburg 1945, Foto: MGR/SBG, Nr. 2002/784
Yvonne Useldinger, Luxemburg 1945, Foto: MGR/SBG, Nr. 2002/784

Yvonne Hostert wurde am 6. November 1921 in einer Arbeiterfamilie geboren; Vater Alfons war Schlosser und Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Luxemburgs. Vater und Mutter Katharina waren Mitglieder des Freidenkerbundes. Sie erzogen ihre Kinder Yvonne und den ein Jahr jüngeren Bruder Walter atheistisch, zu politisch denkenden und handelnden Menschen und legten Wert auf eine gute Schulausbildung der Kinder. Yvonne erlernte den Beruf einer Modistin.

Nach 1933 wurde das Haus der Familie Hostert zum Treffpunkt für schutzsuchende deutsche Emigranten. Viele politisch Verfolgte organisierten von Luxemburg aus den Widerstand gegen den Nationalsozialismus und wurden u. a. durch die „Rote Hilfe“, in der auch die Familie Hostert aktiv war, unterstützt. Alfons Hostert wechselte 1934 in die Kommunistische Partei und organisierte in Differdingen, dem damaligen Wohnort der Familie, die Aktivitäten der „Roten Hilfe“. Yvonne begleitete ihren Vater ab dieser Zeit beim Verteilen von Flugblättern und Zeitungen.

Nach dem Anschluss des Saargebietes an das Deutsche Reich (1935) und dem Beginn des spanischen Bürgerkriegs gegen die Putschisten unter Franco (1936) wurde Luxemburg erneut Zufluchtsland für viele deutsche Emigranten. Einige von ihnen erhielten zeitweise auch im Haus der Familie Hostert Quartier.

1936 wurden Yvonne Mitglied der „Sozialistischen Jugend“ in Luxemburg und wurde kurz darauf in den Vorstand gewählt. Als das „Gesetz zum Schutz der sozialen und politischen Ordnung“ (sog. Maulkorbgesetzt“) im Parlament angenommen und dazu eine Volks-abstimmung durchgeführt wurde, klärten Vertreter demokratischer Kräfte des Landes, darunter Yvonne Hostert, die Bevölkerung über dieses Gesetz, das die linke Opposition im Lande ausschalten sollte, auf. In dieser Zeit lernte sie Arthur Useldinger, ein führendes Mitglied der Kommunistischen Partei Luxemburg (KPL), kennen. 1938 wurde auch Yvonne Mitglied der KPL. Am 6. April 1940 heirateten sie.

Nach der Besetzung Luxemburgs durch die deutschen Truppen am 10. Mai 1940 wurde Arthur Useldinger von seiner Partei mit dem Aufbau eines illegalen Parteiapparates und der operativen Leitung des illegalen Kampfes beauftragt. Die Redaktion der von ihm herausgegebenen illegalen Zeitung „Die Wahrheit“ wurde im Hauskeller der Familie Hostert eingerichtet. Yvonne beschaffte Nachrichten, Geld und Papier. Sie sammelte Geld für die Familien Verhafteter. Sie vermittelte gefälschte Pässe für Emigranten.

1941 wurde Yvonne Useldinger das erste Mal durch die Gestapo verhaftet, musste aber nach zwei Wochen wegen fehlender Beweise, entlassen werden. Mutig machte sie weiter, verteilte weiter „Die Wahrheit“. Im Juni 1942 wurde Arthur Useldinger, der zu diesem Zeitpunkt ein illegales Versteck im Keller des Elternhauses von Yvonne hatte, Vorsitzender der KPL.

Im August 1942 wurde Yvonne gemeinsam mit ihren Eltern, ihrem Bruder Walter und weiteren aktiven Antifaschisten, zum zweiten Mal verhaftet – ihr Mann Arthur Useldinger wurde gesucht. Dieser konnte sich rechtzeitig in Sicherheit bringen und unter falschem Namen bis zur Befreiung Luxemburgs durch amerikanische Truppen überleben.
Yvonne wurde aufgrund „reichsfeindlicher Betätigung“ in das Landgerichtsgefängnis Trier gebracht und brachte im Kloster St. Irminen, dem Wöchnerinnenheim des Gefängnisses, am 2. September 1942 ihre Tochter Fernande zur Welt. Ihr Vater wurde nach Mauthausen deportiert, der Bruder in das KZ Natzweiler und nach Dachau.

Am 12. Juni 1943 erging die Aufforderung der Gestapo an das Gerichtsgefängnis Trier, Yvonne Useldinger mit dem nächsten Transport in das Konzentrationslager Ravensbrück zu überführen. Ihre Tochter Fernande konnte sie bei ihrer Mutter zurücklassen, die einige Zeit nach der Verhaftung aus dem Grundgefängnis Luxemburg entlassen worden war und sich, unter permanenter Bewachung durch die Gestapo, der Pflege ihrer kleinen Enkelin widmen konnte.

Am 30. Juni 1943 kam Yvonne in Ravensbrück an. Sie hatte Zwangsarbeit in den Siemenswerken zu leisten. Yvonne wurde zunächst in Halle 2, der Spulerei eingesetzt, anschließend im Arbeitsbüro des Werkes. Mit einer Setzmaschine hatte sie Aufdruckzettel für die Spulen herzustellen. Sie gehörte einer Widerstandsgruppe in Ravensbrück an und nahm an verschiedenen Formen des Widerstandes teil. So nutzte sie z. B. ihren Arbeitsplatz zur Vervielfältigung und Verbreitung illegaler Nachrichten, u. a. über den Verlauf der Front. Gemeinsam mit Rita Sprengel, einer deutschen Antifschistin, sorgte sie für einen falschen Aufdruck auf den Spulen, so dass deren Verwendung fehlgeleitet wurde.

Yvonne war wegen ihrer Solidarität bei anderen Häftlingsfrauen beliebt. Sie hat auch selbst die Solidarität anderer Häftlinge erlebt. Mit deren Hilfe überstand sie Typhus, Scharlach und andere – in der Situation eines Konzentrationslagers- lebensgefährliche Krankheiten.

Am 24. April 1945 begann ihre Fahrt in die Freiheit - mit Lastwagen des Schwedischen Roten Kreuzes. Es gelang ihr, ihr kleines Tagebuch, das sie insgeheim in Ravensbrück geschrieben hatte und einige ihrer Zeichnungen, mitzunehmen. Auf dem Weg nach Wismar wurden die 12 Lastwagen ihres Transportes irrtümlich von englischen Fliegern beschossen und bombardiert. Mehrere, gerade gerettete Frauen, unter ihnen Änne Kassing und Sophie Dehm, fanden unter diesen tragischen Umständen den Tod. Am 28. April 1945 erreichte der Evakuierungstransport Schweden, wo sich die völlig erschöpften Frauen ein wenig erholen konnten.

Am 3. Juli 1945 kehrte Yvonne Useldinger nach Luxemburg zurück. Auch der Vater und ihr Bruder hatten die Haft in den KZ überlebt. Mutter und Tochter waren wohlauf.

Yvonne Useldinger wurde in das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Luxemburgs gewählt. Sie kümmerte sich im Auftrag der Partei um sozial Schwache und Hilfsbedürftige. Sie war Mitbegründerin der „Union des Femmes Luxembourgeoises“ (UFL).

Am 15. September 1952 kam Sohn Arthur zur Welt.

Die UFL spielte im öffentlichen politischen Leben eine bedeutende Rolle; verurteilte den Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki und trat gegen die Aufrüstung der NATO ein. Später engagierte sich die UFL gegen die Stationierung von Atomwaffen in Luxemburg. In den 70-er Jahren organisierte Yvonne Useldinger Aktivitäten zu Gunsten vom Krieg betroffener Familien in Vietnam und Kambodsha. Sie engagierte sich öffentlich für die Chancengleichheit von Frauen und setzte sich für soziale Einrichtungen ein. 1974 wurde Yvonne Useldinger Präsidentin des UFL. Als solche vertrat sie die Luxemburger Frauen im „Conseil National des Femmes“ (Nationaler Rat der Frauen), eine 1975 gegründete Organisation, in der zu dieser Zeit über 129 Frauenorganisationen aus 114 Ländern zusammengeschlossen waren.

Sie war Mitbegründerin des Luxemburger Ravensbrückkomitees und viele Jahre Vertreterin des Landes Luxemburg im Internationalen Ravensbrück Komitee. Sie war aktiv dabei, als dieses Komitee Anfang der 90-er Jahre gegen den Bau eines Supermarktes auf einem Grundstück des ehemaligen KZ protestierte.

1978 formulierte Yvonne Useldinger ihre persönliche Überzeugung in einem Interview: „Was mir am meisten am Herzen liegt, ist die Einigkeit der arbeitenden Menschen und der demokratischen Kräfte. Besonders auch die Einigkeit der Frauen. Sie ist möglich über die Unterschiede hinweg. (…) Die Erfahrungen meines ganzen Lebens sind ein einziger Beweis dafür, wie unentbehrlich die Einheit ist, um Verbesserungen durchzusetzen. Dies gilt auch, vielleicht sogar in besonderem Maße, für die Frauen.“

*Quellen: Kathrin Mess, „…als fiele ein Sonnenschein in meine einsame Zelle“. Das Tagebuch der Luxemburgerin Yvonne Useldinger aus dem Frauen-KZ-Ravensbrück; Metropol Verlag, 2008, ISBN 978-3-940938-01-5 und „Ravensbrückerinnen“, Hrsg. Sigrid Jacobeit in Zusammenarbeit mit Elisabeth Brümann-Güdter, S.117-122, Edition Hentrich, 1995, ISBN 3-89468-163-2 *