Erna Musik geb. Raus

17.04.1921 (Wien) – 08.03.2009 (Wien),

Weißnäherin, selbst. Unternehmerin, Kommerzialrätin

Auschwitz-Birkenau: 15.04.1944 Ravensbrück: Januar 1945, Malchow bis Ende April 1945

Erna Musik erhielt zahlreiche Orden und Urkunden, darunter das große Verdienstkreuz der Republik Österreich und die Silberne Kammermedaille.

Erna Musik, Archiv DÖW, Wien
Erna Musik, Archiv DÖW, Wien

Mit 16 Jahren bei den „Roten Falken“, lernte sie dort ihren späteren Ehemann, Karl Musik, kennen. Gemeinsam mit ihm leistete sie in einer Zelle Revolutionärer Sozialisten Widerstand gegen die Besetzung Österreichs durch das faschistische Deutschland.

Ein Spitzel verriet die Gruppe. Erna wurde verhaftet, ihr Kind war gerade drei Monate alt.

Nach mehreren Monaten Haft und Verhören im Polizeigefängnis Roßauer Lände kam sie ohne Gerichtsverhandlung nach Auschwitz-Birkenau. Sie erkrankte mehrfach, konnte sich auf dem Transport nach Ravensbrück nur mit Unterstützung von Schwester und Freundinnen auf den Beinen halten. In Ravensbrück war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr in dem berüchtigten Zelt Platz. Die Neuankömmlinge mussten mitten im Winter in Freien lagern. Käthe Sasso, schon länger in Ravensbrück und ebenfalls aus Wien, half und versorgte Erna mit Kleidung und Essen.

Erna wurde nach Malchow, einem Nebenlager von Ravensbrück, transportiert, wo sie in einer Munitionsfabrik Zwangsarbeit leisten musste. Als die sowjetische Armee sich näherte, wurden die Häftlinge auf den „Evakuierungsmarsch“ getrieben. Nachdem sich die Bewacher davongestohlen hatten, waren alle frei.

Wieder zu Hause in Wien, fand sie sowohl ihre Tochter als auch ihren Mann wieder. Erna eröffnete bald ihre eigene Weißnäherei. 1947 brachte sie einen Sohn zur Welt, im Jahr 1957 eine weitere Tochter. Lange Zeit quälten sie die Erinnerungen an die Konzentrationslager so sehr, dass sie nicht darüber sprechen wollte. In späteren Jahren trat sie jedoch oft in Schulen als Zeitzeugin auf, um möglichen neuen Anfängen zu wehren.

Nach dem Tod ihres Mannes, übernahm sie im Jahr 1977 für die nächsten 14 Jahre die Leitung der SPÖ in Wien-Brigittenau. Sie war 17 Jahre lang Bezirksrätin; die erste Frau im Wirtschaftsverband und baute dort eine Frauenorganisation auf. Sie übte verschiedene politische Ämter aus, war Vorsitzende der Freiheitskämpfer im Bezirk, Ehrenvorsitzende der Freiheitskämpfer auf Bundesebene und des Landes Wien. Mit zahlreiche Orden und Urkunden, darunter das große Verdienstkreuz der Republik Österreich und die Silberne Kammermedaille, wurde ihr Engagement gewürdigt.

Seit Ende der 1940-er Jahre kehrte Erna Musik jedes Jahr nach Auschwitz zurück. Sie fühlte sich der Lagergemeinschaft Auschwitz sehr verbunden und organisierte und gestaltete aktiv den Gedenkraum der Österreicher in einer ehemaligen Häftlingsbaracke auf dem KZ-Gelände mit. Sie war Mitglied der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück und einige Jahre ihre Vorsitzende.

Quelle: Brigitte Halbmayr: „Ohne Organisieren hast du nicht leben können!“ - Erna Musik (geb. Raus) in: H. Amesberger / Brigitte Halbmayr (Hg) ; „Vom Leben und Überleben – Wege nach Ravensbrück. Das Frauenkonzentrationslager in der Erinnerung“, Band 2 - Lebensgeschichten, 2001, Promedia, Wien, S. 159-166, (ISBN 3-85371-176-6)