Erna Lugebiel wuchs in der Familie der Berliner Großbäckerfamilie Voley auf. Sie erlernte das Schneiderhandwerk und wurde Meisterin. Als Inhaberin eines „Zwischenmeisterbetriebes“ arbeitete sie für die Berliner Mode- und Bekleidungs-branche, zu der in dieser Zeit viele jüdische Firmen gehörten. Dadurch ergaben sich viele Kontakte zu jüdischen Kollegen. Sie blieb auch in schwerer Zeit eine selbstbestimmte Frau und überzeugte Humanistin. Sie half Verfolgten mutig und ohne Rücksicht auf drohende Repressalien. Ab 1933 wurde Erna Lugebiel für viele ihrer jüdischen Freunde, aber auch andere, ihr bis dahin völlig Fremde, zur Zuflucht. Sie versteckte Verfolgte, nahm eine jüdische Mutter mit deren Kind auf, half mit Lebensmitteln, Kleidung u. ä. und setzte sich für sozial Schwächere mit Rat und Tat ein. Im Juli 1943 verhaftet, wurde sie zwar wegen Mangels an Beweisen freigesprochen, aber wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ in sog. Schutzhaft genommen. Im November 1944, nach monatelanger Gefängnishaft, schaffte man sie in das KZ Ravensbrück, wo sie im Mai 1945 die Befreiung erlebte. Von ihren Kameradinnen wurde sie außerordentlich geschätzt, weil sie sich uneigennützig für drangsalierte und leidende Frauen einsetzte. Nach dem Krieg war sie im Kreis der Westberliner Überlebenden aktiv, berichtete jungen Menschen von ihren Erinnerungen und warnte vor der Wiederkehr des Faschismus. Sie schrieb: “Ich bin auch heute kein politisch organisierter Mensch, aber ich bin Widerstandskämpfer geblieben, bis zu meiner letzte Stunde.“
(Quelle: aufgeschrieben von ihrer Enkelin Jeanine Bochat, 2020)